Wirst du bereuen, dass du dein Leben auf Grund deines Aussehens aufgeschoben hast?

Manchmal liegt die Wahrscheinlichkeit bei 100%.

Alle Essgestörten, die ich bisher kennen gelernt habe, waren die Gefangenen ihrer eigenen Gedanken. Mich selbst eingeschlossen. Permanent war ich damit beschäftigt, was andere wohl über mich denken könnten, was sie von mir erwarten und wie ich diesen Erwartungen gerecht werden kann.

Und dann habe ich auch noch über all die Dinge nachgedacht, die eventuell passieren könnten und was ich tun kann, damit sie passieren. Oder, damit sie nicht passieren. Häufig waren das Dinge, die ich kaum oder gar nicht beeinflussen konnte.

Mein Denken hat mich oft so sehr angestrengt und blockiert, dass ich selten ins Handeln gekommen bin.

Und das hat meine Essstörung gefüttert.

Erst, als ich mich mit der Essstörung auseinander gesetzt habe, sind mir meine eigenen Gedankengänge und ihre Auswirkungen Stück für Stück bewusst geworden.

Die absolute Gewissheit

Gestern habe ich sehr viel Zeit lesend und schreibend im Bett verbracht. Und am späten Nachmittag hatte ich das Verlangen nach frischer Luft und Bewegung. Also bin ich spazieren gegangen. Und mein Weg führte mich über den Friedhof. Ab und an habe ich das Bedürfnis, diesen stillen Ort aufzusuchen.

Nicht nur, weil ich viele Menschen gekannt habe, die dort ihre finale Ruhestätte gefunden haben. Sondern auch, weil mich dieser besondere Ort an meine eigene Endlichkeit erinnert. An die einzige Gewissheit, die ich – die wir alle – habe(n): Dieses Leben in dieser Form ist zeitlich begrenzt.

Wir wissen nicht wann, doch wir wissen, dass…

Was am Ende entscheidend ist, ist auch jetzt das Wichtigste

Wenn ich mich mit der Endlichkeit konfrontiere, denke ich immer an das Buch von Bronnie Ware: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden. (Affiliate-Link zu Amazon) Bronnie Ware hat über 8 Jahre lang Sterbende begleitet und eine Art Reue-Muster rausgefunden:

Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.

Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet.

Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.

Ich wünschte mir, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrechterhalten.

Ich wünschte, ich hätte mir erlaubt, glücklicher zu sein.

Wenn ich eins durch die Essstörung gelernt habe, dann das:

Das einzige was zählt ist, was ICH über MICH denke!

Die anderen denken, was sie denken. Und deren Gedanken habe letztlich viel mehr mit ihnen selbst zu tun, als mit mir. Und deshalb habe ich heute den Mut, mein eigenes Leben zu leben, meine eigene Nummer eins zu sein. Meistens zumindest ;)

Der Weg dahin war ein längerer Prozess in dessen Verlauf die Essstörung verhungert ist.

Und vielleicht nutzt du die Feier-Tage, um damit anzufangen, dich und dein Leben zu feiern, in dem du dir ehrlich und in Ruhe die folgenden Fragen schriftlich beantwortest:

Wessen Erwartungen erfülle ich mit dem Leben, das ich gerade lebe?

Definiere ich meinen eigenen Wert über die Leistung die ich erbringe?

Welches Gefühl erlaube ich mir nicht auszudrücken? Wut? Scham? Einsamkeit?

Welchen meiner Freunde habe ich schon zu lange nicht mehr gesehen und warum?

Darf ich überhaupt glücklich sein?

Dich mit diesen Fragen zu konfrontieren ist schwere Kost.

Aber wenn die Antworten verdaut sind, wird’s leichter.

Du wirst deiner Essstörung die Nahrung entziehen und später weniger bereuen…

lebenshungrige Grüße

Simone